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Ruag-Skandal: Politiker fordern personelle Konsequenzen

«Totalversagen»: Politiker fordern nach Ruag-Skandal personelle Konsequenzen

Der Korruptionsskandal bei der Waffenschmiede Ruag und die weiteren Verfehlungen schockieren das Parlament. Politikerinnen und Politiker fordern personelle Konsequenzen – auch das VBS steht in der Kritik.
25.02.2025, 15:0825.02.2025, 15:08
Lea Hartmann / ch media
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Ein mutmasslich korrupter Mitarbeiter, der jahrelang unbehelligt krumme Deals machen konnte, Chaos im Materiallager und die Entsorgung von Waren in Besitz des Bundes – ohne dass dieser selbst davon wusste: Bei der Ruag, Waffenschmiede des Bundes, ist in den vergangenen Jahren sehr vieles sehr schief gelaufen. Zu diesem Schluss kommen mehrere Untersuchungen der Eidgenössischen Finanzkontrolle.

Josef Dittli, Staenderat FDP-UR, spricht waehrend einer Medienkonferenz des ueberparteilichen Komitees fuer ein "Ja zum Covid-Gesetz" am Montag, 22. Mai 2023 in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunze ...
«Missstände, die wir in keiner Art und Weise tolerieren können»: Der Urner Ständerat Josef Dittli ist schockiert über die Ergebnisse der Ruag-Untersuchungen.Bild: keystone

Parlamentarierinnen und Parlamentarier zeigen sich entsetzt. «Das ist eine Bombe, die einschlägt», meint die Solothurner SP-Ständerätin Franziska Roth. Der Urner Ständerat Josef Dittli spricht von einem «Totalversagen». Was die Berichte zum Vorschein bringen, sei «schockierend». «Es handelt sich um Missstände, die wir in keiner Art und Weise tolerieren können.»

Ruag-Führungsriege muss im Parlament antraben

Der FDP-Politiker ist wie Roth Mitglied der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats und leitet die Gruppe, die eingesetzt worden ist, um das Ruag-Debakel politisch aufzuarbeiten. Die Ruag hat derweil wegen diverser mutmasslichen Delikte Strafanzeige eingereicht gegen den ehemaligen Mitarbeiter.

Der Berner Nationalrat Werner Salzmann anlaesslich der Delegiertenversammlung der SVP Schweiz vom Samstag, 22. Oktober 2022 im Schulhaus Staffeln in Luzern. (KEYSTONE/Urs Flueeler).
Der Berner Ständerat Werner Salzmann.Bild: keystone

«Kriminelle Energie lässt sich nicht verhindern. Die Frage ist aber, wie man damit umgeht», sagt Dittli. Und dies sei in diesem Fall «höchst problematisch». Dem pflichtet SVP-Sicherheitspolitiker Werner Salzmann bei. «Es ist unglaublich, dass jemand so lange das Vertrauen genoss, solche Geschäfte abzuwickeln – ohne jegliche Kontrolle», sagt der Berner Ständerat.

Von links bis rechts ist man sich einig: Das Debakel muss personelle Konsequenzen bei der Ruag haben. Die Verantwortlichen würden bei der nächsten GPK-Sitzung vorgeladen, kündigt Dittli an: «Der neue Verwaltungsratspräsident Jürg Rötheli ist zwar unbelastet. Er kann aber unmöglich mit dem gleichen Team weiterarbeiten.»

«Auch das VBS hat seine Aufgabe nicht wahrgenommen»

Die Geschäftsprüfer des Parlaments nehmen aber auch den Bund, namentlich das Verteidigungsdepartement (VBS) in die Verantwortung, das als Eigner die Aufsicht über die Ruag hat. «Die Ruag hat interne Probleme, aber auch das VBS als Eigner hat seine Aufgabe nicht wahrgenommen», sagt der Berner SVP-Ständerat Werner Salzmann.

Konkret hätte der Bund schneller und konsequenter hinschauen müssen, findet SP-Politikerin Franziska Roth. «Er hat zu lange zugewartet.» Klartext spricht auch Josef Dittli: «Das VBS trägt erhebliche Mitschuld und die Hauptverantwortung.»

Franziska Roth, SP-SO, spricht waehrend der Debatte um die Motion APK-N, russische und andere auslaendische Spione konsequent ausweisen, am ersten Tag der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am  ...
Die Solothurner Ständerätin Franziska Roth.Bild: keystone

Salzmann betont aber auch, dass es unter anderem Verteidigungsministerin Viola Amherd war, die die Untersuchungen überhaupt angestossen hatte. Das müsse man ihr hoch anrechnen. «Sie musste damit rechnen, dass die Sache auf sie zurückfällt.»

Skandal wird ein Fall für Amherds Nachfolger

Die Finanzkontrolle hat mehrere Empfehlungen formuliert, damit sich ein solcher Skandal – beziehungsweise: solche Skandale – nicht wiederholen können. Man werde deren Umsetzung kontrollieren, sagt Werner Salzmann. Die Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) steht derzeit nicht zur Diskussion.

Die neue Unternehmensleitung müsse die Missstände so rasch wie möglich beheben und «die Empfehlungen der Finanzkontrolle unverzüglich umzusetzen, damit die Ruag unbelastet in die Zukunft gehen kann», sagt die Aargauer Ständerätin Marianne Binder aus der Mitte-Partei. Der Wille sei, so ihr Eindruck, da.

Die Aufarbeitung wird auch den neuen Verteidigungsminister beschäftigen, der am 12. März gewählt wird. Josef Dittli hat klare Erwartungen: «Der neue Chef des Verteidigungsdepartements muss das Heft in die Hand nehmen und die Compliance durchsetzen.»

SP fordert PUK zu «Ruag-Skandal» und mutmasslichen Rücktritten
Für die SP Schweiz muss sich eine parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) über die am Montag bekannt gewordenen Vorkommnisse beim bundeseigenen Rüstungskonzern Ruag MRO beugen. Nach diesem «Skandal» und den mutmasslichen Rücktritten des Armeechefs und des Direktors des Bundes-Nachrichtendienstes sei der Bedarf nach einer PUK klar.

Ob diese nur die Vorkommnisse bei der Ruag aufklären oder «breiter das Chaos innerhalb des VBS untersuchen muss», sei für die Partei noch offen, heisst es in einer Mitteilung vom Dienstag. Zuerst müsse klar werden, wieso Armeechef Thomas Süssli und der Direktor des Nachrichtendiensts des Bundes, Christian Dussey, ihr Amt verliessen.

Gemäss unbestätigten Medienberichten haben die beiden ihre Demission eingereicht. Auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA wollten sich sowohl die Medienstelle des Verteidigungsdepartements (VBS) als auch die Medienstelle der Armee nicht dazu äussern.

Eine PUK braucht es für die SP zum Beispiel, «um Licht ins Dunkel zu bringen, warum die zuständige Bundesrätin und das VBS trotz konkreter Hinweise weggeschaut haben». «Blindlings weitere Milliarden in diese dysfunktionale Armee zu investieren, lehnt die SP dezidiert ab», heisst es im Communiqué weiter. (sda)
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Ein Rückblick auf Viola Amherds Karriere
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Ein Rückblick auf Viola Amherds Karriere
2003: Von 2000 bis 2012 war Viola Amherd Stadtpräsidentin von Brig-Glis.
quelle: ti-press / ely riva
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Debatte eskaliert: SP-Molina bezeichnet Armee als Trachtenverein
Video: ch media
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94 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Triumvir
25.02.2025 08:43registriert Dezember 2014
Das ist ein Skandal! Schon unter Ueli und Parmesan hat es damit angefangen. Warum wundert mich das jetzt nicht? Jetzt ist klar, weshalb die beiden SVPler das VBS loswerden wollten. Es braucht jetzt eine PUK und eine lückenlose Aufklärung und gleichzeitig die Eröffnung mehrerer Strafverfahren.
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ELMatador
25.02.2025 09:01registriert Februar 2020
Wir brauchen Gesetze, die Whistleblowing schützen, und klare, harte Strafen für Managementebenen, die durchgesetzt werden.

Immer nur über Verantwortung zu reden, reicht nicht – diese muss auch zwingend übernommen werden. Sonst kann man all diesen Personen in den Teppichetagen Praktikantenlöhne geben, denn anscheinend müssen sogar Praktikanten mehr Verantwortung für ihr Handeln übernehmen.
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Antinatalist
25.02.2025 08:25registriert September 2019
War ja klar, die von der FDP und SVP empören sich jetzt und tun so, als ob sie von nichts gewusst hätten..
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